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Haushaltsrede von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gehalten im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 29. Januar 2018 von Ludwig Streib
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren,
zuerst einmal vielen Dank Herrn Hambrecht und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie haben wieder ein umfangreiches Werk in gewohnter Genauig-keit und Ausführlichkeit zusammengestellt.
Im Vorbericht des Haushaltes weisen Sie, Herr Hambrecht, daraufhin, wie Sie es auch in den letzten Jahren immer wieder getan haben, dass unser Haushalt ab 2020 durch das Neue Kommunale Haushaltsrecht schwierig wird und dass wir uns jede größere Investition gut überlegen müssen. Und das ist für Stutensee auch die Frage der Zukunft, was können wir uns noch leisten, was müssen wir uns leisten und wie können wir es sinnvoll finanzieren.
Suchet der Stadt Bestes. Dieses Zitat aus der Bibel hat Herr Oberbürgermeister Demal mehrfach bei der Einbringung des Haushalts erwähnt. Ich schließe mich diesem Zitat an und gehe davon aus, dass alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte dies erreichen wollen, der Stadt Bestes zu suchen. Aber was ist das Beste für die Stadt? Darüber gibt es manches Mal unterschiedliche Meinungen, wie jetzt beim Haushalt oder beim Lachwald. Diese Unterschiede gehören aber zur Demokratie, dass wir eben nicht immer alle das Gleiche denken müssen und dass es nicht immer einen Konsens gibt. Was uns dabei wichtig ist, ist ein fairer Umgang miteinander und kein Vorwurf des Populismus. Gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ist uns demokratische Offenheit und Ehrlichkeit nicht nur durch Information sondern auch durch rechtzeitige Diskussion wichtig. Die Perspektivwerkstatt "Zukunft wohnen" könnte da ein gutes Zeichen sein. Der Zeitpunkt hätte allerdings früher, zu Beginn des FNP-Prozesses [FNP = Flächennutzungsplan] sein sollen, wie wir Grünen es gefordert haben. Vielleicht hätten wir dann den Bürgerentscheid nicht gebraucht.
Erfreulich hingegen finden wir, dass die zweite Runde der Haushaltsberatung in diesem Jahr öffentlich stattfand, wenn gleich wir uns nach wie vor dafür einsetzen, die gesamten Haushaltsberatungen öffentlich zu machen, dann hätten wir uns diese 2. Runde sparen können. Heute an dieser Stelle bleibt uns nur, dem Haushaltsentwurf als Ganzem zuzustimmen oder ihn abzulehnen und es bleiben ein paar uns wichtige Schwerpunkte zu nennen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich neben Offenheit und Transparenz immer auch in starkem Maße für Umwelt- und Naturschutz eingesetzt. Das soll auch mein erster Schwerpunkt sein.
Am Sonntag vor zwei Wochen habe ich einen größeren Spaziergang um Blankenloch herum gemacht und ganz gleich in welche Himmelsrichtung ich gegangen bin, überall bin ich auf eine geplante oder tatsächliche Umweltzerstörung gestoßen. Im Norden zwei große graue Felder des neuen Bouleplatzes mitten im Wiesenstreifen, im Westen lief ich über die große, grüne Fläche westlich der Bahn. Sie wird in einigen Jahren komplett mit Gewerbe zugebaut sein, im Süden ging ich durch den Lachwald, dessen teilweise Zerstörung geplant ist und im Osten ging ich durch ein Landschaftsschutzgebiet, dessen geschützte Wiesen, von zu vielen Pferden jetzt im Winter regelrecht umgegraben werden. Seit Jahren weisen wir von den Grünen daraufhin, ohne dass etwas dagegen unternommen wird.
Sind wir bald nur noch die liebenswerte Stadt im Grauen - statt im Grünen?
Landverbrauch, Rodung von Wald ist etwas, dass wir uns nicht mehr leisten können, denn: Umweltschutz ist auch Menschenschutz.
Das gilt auch für den Lachwald. Die Einnahmen daraus sind aus dem Haushalt herausgenommen, aber sie spielen in der Bedarfsliste eine Rolle.
So sind die beiden Maßnahmen auf der Bedarfsliste mit der höchsten Priorität (die Halle in Staffort und der Kindergarten Blankenloch-Büchig) in einem Volumen, das den geschätzten Einnahmen aus dem Lachwaldverkauf genau entspricht. Übrigens war die Halle in Staffort 2015 in der mittelfristigen Finanzplanung mit 2,7 Mio. angesetzt, heute bereits mit rund fünf Mio. Das sind nicht nur konjunkturelle Baukosten-Erhöhungen.
Wir sind der Meinung, dass der Haushalt funktionieren muss, ohne die Rodung des Lachwaldes - die Zerstörung des Waldes. Das Wort Zerstörung kommt in der Argumentation der Abholzbefürworter nie vor, aber genau das ist es. Da wird Natur zerstört. Umwelt zerstört.
Im Haushaltsentwurf 2015 und 2016 sind in der mittelfristigen Finanzplanung keinerlei Einkünfte aus dem Lachwald vorgesehen und dennoch ist der Haushalt ausgeglichen und rechtskräftig. Wir müssen das auch in Zukunft hinbekommen, ohne einen Wald sterben zu lassen.
Die Investitionen der Bedarfsliste betragen 13,6 Mio. EURO. Der Erlös des Lachwaldes würde für deren Finanzierung nicht ausreichen, deshalb müssen wir grundsätzlich andere Wege gehen.
Und sollen die ganzen Straßen des Baugebiets Lachwald II, vermutlich ein Kreisel über die Straßenbahn, die Anlage des neuen Naherholungsgebietes, in einem zumindest teilweise wertvollen ökologischen Gebiet, die neuen Bewohner über Anliegerkosten zahlen? Oder zahlt dies die Stadt, das sind geschätzt weit mehr als 2 Mio., damit wäre ein Viertel der Einnahmen bereits weg.
Natürlich sagen wir nicht, den Lachwald erhalten und Menschen auf der Straße leben lassen. Aber das ist nicht die Alternative. Sozialer Wohnungsbau und Wohnungsbau für Menschen, die nicht so viel verdienen, muss an anderer Stelle geschehen. Und wir sind dankbar, dass das jetzt am Neisegelände passieren wird.
Seit Wochen stellen wir die Fragen nach dem Bedarf. Dass Bevölkerungszuwachs in die Region kommen wird, das wissen wir, dass 700 Menschen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, dass wissen wir auch. Diese Zahl sagt jedoch gar nichts aus, außer dass in Stutensee zu viele Menschen zu wenig verdienen. Aber wohnen diese Menschen alle auf der Straße? Wie viele von Ihnen haben keine Wohnung und brauchen dringend eine? Diese Frage stellen wir seit fast einem Jahr und haben von der Verwaltung bisher keine Antwort bekommen? Was heißt kostengünstiges Wohnen in EURO pro Quadratmeter und wieviel Quadratmeter Wohnfläche pro Person sind vorgesehen, auch das wurde nie in schriftlicher Form mitgeteilt. Wir haben mehrfach um Fakten gebeten, um zukunftsweisend planen und sagen zu können, soviel wird durch das Neisegelände aufgefangen, soviel können wir in 24-Morgen- Äcker aufnehmen und so viel im Unterfeld in Staffort.
Bei den bisherigen Wohngebieten waren diese weniger verdienenden Menschen nicht so wichtig. Da wurden sehr viele Einfamilien- und Reihenhäuser oder Doppelhäuser gebaut. Und da muss ich auch sagen, da haben leider auch wir Grüne zwar immer wieder mal danach gefragt, aber vielleicht nicht intensiv genug. Da tragen wir eine gewisse Mitschuld, wie alle anderen Gemeinderäte auch.
Bei der Investition von 400 000 für eine Bouleplatz, von 500 000 für eine Festplatz und bei den Millionen für ein Schwimmbad in Blankenloch oder 400 000 für ein Familienzentrum in Spöck und bei vielen anderen Investitionen, da hat der Gemeinderat - uns eingeschlossen - nicht nach kostengünstigem Wohnen gefragt.
Wir müssen umdenken in unserem Haushalt, wir können nicht unser Tafelsilber verkaufen, wir haben dann auch bald keines mehr. Deshalb haben wir beantragt bereits in diesem Jahr die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B um 20 Prozentpunkte zu erhöhen. Aber das wurde von allen anderen Parteien abgelehnt, obwohl wir seit ewigen Zeiten nicht mehr erhöht haben und also noch nicht einmal die Inflation ausgeglichen haben. Wir sind in beiden Steuern bei den absolut günstigsten im Landkreis. Das würde bereits in diesem Jahr ca. eine halbe Million mehr Einnahmen erwirtschaften.
Ein Wort zur Grundsteuer. Ich halte das gerade im Rahmen der sozialen Fürsorge und des Umweltschutzes für eine wichtige Steuer. Denn wer sich ein Einfamilienhaus mit großem Grundstück leisten kann, zahlt natürlich wesentlich mehr Grundsteuer als ein Mieter einer kleinen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Sicher es gibt Härtefälle beispielsweise die Seniorin, die eine altes Haus mit Schuppen und Scheune hat, die leer stehen, aber auch da sind wir als Stadt gefordert über Wohnungsbau- Management und Bauen in zweiter Reihe für Möglichkeiten der Abhilfe zu sorgen.
Ökologisch können wir es uns einfach nicht mehr leisten immer mehr Fläche zuzubauen, und in Deutschland geht so etwas häufig nur über den Geldbeutel.
Wenn so ein reiches Land wie Deutschland einen Wald opfern muss, um den ärmeren Menschen eine Bleibe zu geben, dann ist das im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis.
Ähnlich wie bei der Grund- und Gewerbesteuer sind wir in vielen Gebührensätzen in Stutensee sehr niedrig, dadurch subventioniert die Stadt vieles mit, etwa. die Bestattungsgebühren. Wir Grünen fordern seit Jahrzehnten, dass endlich die Bestattungskosten genau ermittelt werden. Wir hoffen, dass wir dieses Jahr ein Ergebnis bekommen und dass wir dann auf die von unserer Rechtsaufsichtsbehörde, der Gemeindeprüfungsanstalt, geforderten 50 Prozent Deckung schrittweise erhöhen werden. Bisher sind wir mit die niedrigsten im Kreis und bisher wurde eine Erhöhung von anderen Parteien verhindert. Es geht uns nicht um irgendwelche Nebenkosten (wie Aussegnungshalle oder Grünfläche), sondern um die tatsächlichen Kosten der Bestattung.
Wir wissen, das sind nicht die ganz großen Beträge, aber Kleinvieh macht auch Mist, heißt es in einem Sprichwort, und da und dort 50 oder 100 Tausend Euro mehr, das bringt auch etwas. Deshalb müssen auch andere Gebühren überprüft werden.
Das ist natürlich auch wichtig im Rahmen des Neuen Haushaltsrechts, das ab 2020 greift. Bei allen Schwierigkeiten, die damit kommen, wir finden daran gut, dass es zu mehr Haushaltsklarheit und -wahrheit führt und weil es für mehr Nachhaltigkeit sorgt. Ein Thema das uns Grünen schon immer wichtig war, nicht nur in ökologischen Fragen sondern auch in Haushaltsfragen.
Das muss aber, wie Herr Hambrecht im Haushalts-Vorbericht sagte, dazu führen jede Investition noch genauer zu bedenken, als wir das bisher getan haben, nicht nur in den Anschaffungskosten sondern in den Folgekosten. War bisher eine Anschaffung, eine Investition bezahlt, dann war es für uns erledigt, in zwei Jahren wird es anders sein. Da müssen wir die Abschreibungen aller Gebäude und Sachen erwirtschaften.
Daher die Frage: Können wir uns wirklich noch alle Investition leisten?
Wir glauben, wir müssen stärker umdenken. Umdenken kann beispielsweise geschehen, in dem wir über Erbpacht statt Kauf nachdenken, in dem wir unsere schönen Straßen nicht schlecht reden und die Sanierung ein wenig hinausschieben, soweit das möglich ist. In dem wir auch über Konzentration von Aufgaben nachdenken und nicht alles in jedem Stadtteil vorhalten müssen.
Natürlich gibt es Pflichtausgaben, die sein müssen und nicht verschoben werden können. Ich denke z.B. an die Umbauten wegen des Brandschutzes. Sie kosten uns ungefähr 530.000 € in diesem Jahr. (1,25 Mill in 2019/20)
Oder an die Kindergärten In den vergangen Jahr haben wir hierfür etliche Millionen ausgegeben, für Baumaßnahmen, Gehälter und Zuwendungen. Kinderbetreuung ist uns wichtig - für die Kinder, aber auch weil es um Chancengleichheit zwischen Mann und Frau geht.
Und die Schulen - hier haben wir in den letzten 10 Jahren rund 10 Millionen allein in die Gebäude investiert, ohne Sachleistungen und Gehälter.
Doch wir können sagen: im Vergleich mit anderen Städten stehen unsere Kindergärten und Schulen sehr gut da, weil das uns allen hier im Gemeinderat und der Verwaltung immer ein wichtiges Anliegen war.
Aber diese drei letzten Themen Brandschutz, Kinderbetreuung und Schulen sind Aufgaben, bei denen uns vom Land und vom Bund immer mehr Auflagen gemacht werden, die immense Kosten verursachen. Hier legen wir Wert auf das Prinzip der Konnexität, das also diejenigen, die die Vorgaben machen, auch das Geld geben und werden uns auf Landes- und Bundesebene dafür einsetzen, dass mehr Geld dafür von dort an die Kommunen kommt.
In den letzten beiden Jahren war das Thema Flüchtlinge in aller Munde in diesem Jahr wurde es, zumindest in der Berichterstattung etwas ruhiger. Wir glauben, dass hier in Stutensee in diesem Bereich Vorbildliches geleistet wurde. Sowohl durch die Stadtverwaltung als auch durch viele Ehrenamtliche. Ihnen allen großen Dank.
Für ein gelungenes Zusammenleben liegt hier noch viel Arbeit vor uns, aber wir sind sowohl räumlich als auch personell gut ausgestattet. Hier erhalten wir noch oder haben schon etliche Zuschüsse, kostenlose Kredite und Miete für die Anschlussunterbringung erhalten.
Wir erwarten, dass in diesem Jahr endlich ein ökologisch orientierter Pflegeplan der öffentlichen Grünflächen erstellt wird und dann auch danach gehandelt wird. Dies fordern wir seit etlichen Jahren und viele umliegende Städte haben das schon sehr lange.
Wir erwarten, dass in diesem Jahr endlich ein ökologisch orientierter Pflegeplan der öffentlichen Grünflächen erstellt wird und dann auch danach gehandelt wird. Dies fordern wir seit etlichen Jahren und viele umliegende Städte haben das schon sehr lange.
Zum Schluss bedanken wir uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung und im Bauhof und bei allen Ehrenamtlichen, die sich zum Besten der Stadt eingesetzt haben und einsetzen.
Wir Grünen sind der Meinung, dass wir mit der Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B bereits in diesem Jahr für eine dringend notwendige Verbesserung der Einnahmen hätte sorgen müssen, um die notwendigen Investitionen leichter stemmen zu können. Das wurde im Haushalt nicht aufgenommen, daher stimmen wir dem Haushalt nicht zu.
Clubhaus des SV Blankenloch Abt. Fußball,
Eggensteiner Straße 144
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