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Das 11. Nachhaltigkeitsziel: „Nachhaltige Städte und Siedlungen

Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“ ist in Stutensee so wichtig wie anderswo auch Dies ist wohl ein Grund, warum Orte und Städte entstanden sind, so wie wir sie kennen. Trotzdem stehen die Städte aktuell vor Herausforderungen, die es zu lösen gilt, sollen auch zukünftige Generationen noch gut in ihnen leben können.

18.08.20 – von Martin Schursch –

Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“ ist in Stutensee so wichtig wie anderswo auch

Dies ist wohl ein Grund, warum Orte und Städte entstanden sind, so wie wir sie kennen. Trotzdem stehen die Städte aktuell vor Herausforderungen, die es zu lösen gilt, sollen auch zukünftige Generationen noch gut in ihnen leben können.

Wie ist der Stand weltweit in 2020?

Weltweit ziehen immer mehr Menschen wegen eines Arbeitsplatzes und vermeintlich besseren Lebensverhältnissen in Städte. Lag der Verstädterungsgrad 1950 weltweit noch bei unter einem Drittel, so leben heute weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Für 2050 geht die UN davon aus, dass rund 2/3 aller Menschen in Städten leben werden. Dies hat zur Folge, dass bestehender Wohnraum knapp wird. Laut "eurostat", dem Statistikamt der Europäischen Union, war im Jahr 2017 die Überlastung durch Wohnkosten bei Mietern, die zu Marktpreisen mieteten, EU-weit in Griechenland am höchsten: 83,9% von ihnen gaben mehr als 40% ihres verfügbaren Äquivalenzeinkommens (Durchschnittswert, gebildet aus dem Gesamteinkommen eines Haushalts und der Anzahl und dem Alter der von diesem Einkommen lebenden Personen) für Wohnkosten aus. Der EU-Durchschnitt lag bei 26,3%. Zusätzlich befanden sich Ende 2019 laut UNHCR rund 79,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht und hatten somit keine Unterkunft oder lebten in Flüchtlingsunterkünften, die nur ein Minimum an Obhut garantieren konnte.

Laut des führenden Statstitik-Portals in Deutschland "statista" lag der KFZ-Bestand weltweit bei rund 1,2 Milliarden Fahrzeugen. Seit 2005 ist der Bestand um rund 44% angestiegen. Immer mehr Menschen können sich ein Fahrzeug leisten. Ebenso hat der Flugverkehr zugenommen. In den Jahren zwischen 2007-2017 nahmen die geflogenen Flugkilometer um rund 70% zu. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2037 sich dieser Wert nochmal um das 2,5-fache, auf dann rund 19.000 Milliarden Kilometer erhöhen könnte. Eine Mobilitätswende ist weltweit noch nicht erkennbar, auch wenn immer wieder neue Konzepte entwickelt werden. Ob die Verringerung durch die Coraona-Pandemie die langfristige Entwicklung wesentlich beeinflusst, ist noch nicht entschieden.

Wie ist die Situation in Deutschland?

Bezahlbarer Wohnraum, etwas was anscheinend immer weniger zur Verfügung steht, spaltet die Gesellschaft in Arm und Reich. Wer nicht über das ausreichende Kapital verfügt, kann sich keinen angemessenen Wohnraum leisten. Die Anzahl der Wohnungslosen ist in den letzten Jahren angestiegen. Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosen e.V. lag die Zahl der Wohnungslosen in 2008 bei 227.000. Im Jahr 2018 wurde geschätzt, dass bereits rund 678.000 Personen obdachlos sind, was einen Anstieg von rund 200% in zehn Jahren entspricht. Rund 2/3 aller Obdachlosen sind männlich, rund 24% Frauen und knapp 8% Kinder. Angesichts dieser Entwicklung wird das Ziel, bis 2030 bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, verfehlt werden. In den letzten 10 Jahren sind die durchschnittlichen Nettokaltmieten und Wohnungsnebenkosten in Baden-Württemberg um insgesamt rund 13% angestiegen, trotz Mietpreisbremse. Laut Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes 2018 zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland lag der Anteil der Personen in Haushalten, die mehr als 40 % des verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben mussten, in 2010 bei 14,5%. In der Zwischenzeit liegt dieser bei 16-17%. Ziel ist es, den Wert auf unter 13% zu senken.

Besonders die Haushalte mit einem geringen Einkommen sind stark betroffen, da diese überproportional hohe Aufwendungen zu tragen haben. Ein Grund hierfür ist der Rückgang des Sozialwohnungsbaus in den letzten Jahren. Standen im Jahr 1990 noch rund 2,87 Mio Sozialwohnungen in Deutschland zur Verfügung, so sind es in 2018 nur noch rund 1,18 Mio Sozialwohnungen. Für die Zukunft wird ein weiterer Rückgang an Sozialwohnungen erwartet, auch weil der Bund seine Fördergelder zum sozialen Wohnungsbau voraussichtlich weiter oder vollständig zurückfahren wird. Sozialer Wohnungsbau ist aber keine Aufgabe des Bundes, sondern vielmehr der Kommunen. Sie sollten aus eigenen Stücken den sozialen Wohnungsbau fördern und fordern, in Verbindung mit einer nachhaltigen und klimafreundlichen Energieversorgung. Zusätzlich erzeugen hotelähnliche Wohnraumvermietungen wie Airbnb Wohnraummangel, da über eine kurzfristige Vermietung von Räumlichkeiten eine höhere Einnahme pro Monat generiert wird, als die Wohnung über den regulären Wohnungsmarkt erwirtschaften würde. Hierdurch werden notwendige Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen. Genauso unterstützen Spekulationen mit Immobilien den Effekt der Wohnraumverknappung.

 

Bis 2030 soll der Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle ermöglicht und die Sicherheit im Straßenverkehr verbessert werden. Dies ist ein Ziel, das in der Wirklichkeit noch nicht erreicht ist. Bezahlbarere Verkehrssysteme sind bis aufs Fahrrad kaum anzutreffen. Bahnfahren ist teuer geworden, wenn man nicht das Glück hat, Sparpreisangebote erhascht zu haben. In den letzten 10 Jahren ist der Preis pro 10km Fahrstrecken um rund 52% angestiegen, bei Fahrten über 100km um rund 38%. Überall zugänglich an ein Verkehrssystem angeschlossen zu sein, ist mehr Wunsch als Realität, außer man verfügt über ein Auto, denn die autogerechte Stadt/das Land wurde geschaffen, mit allen damit einhergehenden Konsequenzen. Dies ist auch in der Logistik gut abzulesen. Zwischen den Jahren 2005-2016 ist ein Anstieg des Energieverbrauchs im Straßengüterverkehr von 12,2% zu verzeichnen, im Gegensatz zum Schienen- und Binnenschiffsverkehr. Hier ist ein Rückgang von – 8,5 bzw. – 17,8 % zu verzeichnen . Nicht unbedingt, weil Bahn und Binnenschiffverkehr energieeffizienter geworden sind, sondern weil diese beiden umweltfreundlichen Transportarten aus unterschiedlichen Gründen unattraktiver geworden sind. Besonders während der aktuellen Corona-Pandemie ist der Transport von Sachgütern verstärkt zu verzeichnen, da Shopping zeitweise nur noch über das Internet erfolgen konnte und jede Art von Artikel per Paketzusteller direkt vor die Haustür geliefert wird.

Und wie sieht es in unserer Nähe aus?

Auch in Zukunft werden immer mehr Menschen nach Karlsruhe und in den Landkreis Karlsruhe ziehen, um einen Arbeitsplatz zu finden. In Stutensee wurde in den letzten Jahren in großem Umfang neue Baugebiete wie in Spöck 24-Morgen-Äcker und das Lachenfeld in Büchig ausgewiesen und bebaut. Dies führt zu einer kurzfristigen Entlastung, jedoch liegen die Immobilienpreise und die Bauerschließungskosten so hoch, dass nur Gutverdiener sich einen Neubau leisten können, wollen sie nicht bis über das Renteneintrittsalter hinaus den Kredit abzahlen. Ein Lichtblick ist, dass im Wohnpark Mittendrin in Blankenloch viele Wohnungen mit Sozialbindung entstehen. Ein weiterer Lichtblick ist, dass Stutensee sich endlich um die Nachverdichtung kümmert. Das bedeutet zugleich eine nachhaltige Stadtplanung, da der Flächenverbrauch im Außenbereich gestoppt wird.

Der Landkreis Karlsruhe, aber auch Stutensee, sind gut mit dem ÖPNV vernetzt, so dass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel eine Alternative zum Auto darstellen kann. Nachteile sind allerdings, dass man an feste Fahrzeiten gebunden ist, die Fahrtdauer länger ist und die Tickets leider etwas zu teuer sind. Es wurde geprüft und leider nicht für gut befunden, ein 365-€-Ticket einzuführen oder sogar kostenlos den ÖPNV zu nutzen. Dies wäre ein wichtiger und richtiger Meilenstein in der lokalen Verkehrswende gewesen.

Was können wir tun?

Die beiden größten Herausforderungen für Städte in Zukunft werden sein, die Anforderungen an den Klimaschutz und die Folgen der Klimaerwärmung zu meistern. Städte müssen nachhaltiger und widerstandsfähiger gestaltet werden. Beides schließt sich nicht aus, sondern ergänzt sich. Jetzt neue grundlegende Maßstäbe zu setzen, um den Städtebau zu revolutionieren, sind notwendig, wenn auf nachhaltige Strukturen gesetzt werden soll. Es bedarf Mut, diesen Schritt zu gehen, jedoch haben wir keine andere Wahl, wollen wir auch für zukünftige Generationen ein lebenswertes Umfeld schaffen. Gleichzeitig muss der Städtebau aber auch so gestaltet werden, dass er auf zukünftige wetterbedingte Extremerscheinungen wie Dürre, Hagel, Stürme und Hochwasser ausgerichtet und gewappnet ist. Dass diese Extremwetterereignisse stärker auftreten werden, ist jetzt schon sichtbar. Daher ist es wichtig, die Stadtstruktur weiter aufzulockern durch Bäume, Entsiegelungen und Freiraumgestaltung. Eine Senkung des Energieverbrauches spart nicht nur Energie und CO2 ein, sondern entlastet auf Dauer auch von steigenden Betriebskosten. Daher ist es wichtig und notwendig, wenn sich Städte mit der Frage der Energieversorgung auseinandersetzen und frühzeitig notwendige Strukturen schaffen, die den Einsatz erneuerbarer Energien im Strom- und Wärmebereich fördern.

Die Möglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt sind begrenzt. Hierzu müssen politische Weichen gestellt werden. Daher ist es wichtig, für diejenigen Parteien zu stimmen, die aktiv gegen die Wohnungsnot von Geringverdienern vorgehen bzw. dezentrale Arbeitsplätze schaffen, so dass sich die Vielzahl an Arbeitsstätten nicht an wenigen Standorten bündelt und somit eine starke Wohnraumverknappung in diesen Gebieten hervorgerufen wird. Städte und Gemeinden müssen stärker in den sozialen Wohnungsbau investieren unter Beachtung des Problems des Flächenverbrauchs.

Um die Umwelt zu entlasten, können wir bewusster Strecken mit dem ÖPNV, dem Rad oder auch einfach nur zu Fuß zurücklegen. Wenn das doch nicht möglich ist, dann sollte man darauf achten, einen klimafreundlichen Fahrstil an den Tag zu legen und nicht übermäßig zu rasen. Im Sinne der Nachhaltigkeit geht es nicht darum, “Punkte” zu sparen, sondern darum, den Spritverbrauch gering zu halten und dabei auch den Geldbeutel zu schonen.

Martin Schursch

Kategorie

Soziales | Verkehr | Wohnen

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