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14.10.20 –
Auf der Gemeinderatssitzung am 28.09.2020 wurde wieder eine ganze Reihe an Themen abgearbeitet. Einige waren Routine und konnten ohne große Aussprache abgehandelt werden. Bei einigen ergaben sich aber auch teils hitzige Diskussionen. Erst am 29.09.2020, um 0.20 Uhr, war die Sitzung beendet.
Stutensee - ein sicherer Hafen!
Eine der am intensivsten diskutierten Entscheidungen war die, ob die Stadt Stutensee dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt. Die Mitglieder dieses Bündnisses aus bisher 186 Städten, Gemeinden und Landkreisen sind bereit, über die Verteilung nach dem Königsberger Schlüssel hinaus weitere Schutzsuchende aufzunehmen, soweit Kapazitäten vorhanden sind. Neben der Vielzahl an Städten, die sich der Initiative bereits angeschlossen haben, wie die Stadt Karlsruhe, der Landkreis Konstanz oder die Gemeinde Biberach wird die Initiative von einer Vielzahl an Organisationen unterstützt. Hierzu gehören die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V., Pax Christi oder die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, um nur einige zu nennen.
In der Diskussion im Gemeinderat über den von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen eingebrachten Entwurf wurde betont, dass sich die Anzahl der Aufzunehmenden streng nach den vorhandenen Möglichkeiten richtet. Hier ist die Stadt Stutensee in der glücklichen Lage, dass sie zum einen in den letzten Jahren eine Reihe von Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen hat, die zurzeit nicht voll ausgelastet sind, und zum anderen über ein sehr engagiertes Netzwerk an Ehrenamtlichen verfügt, die sich mit viel Leidenschaft und Erfolg um die Neuankommenden kümmern mit Sprachkursen, Computerkursen, Hilfe bei Bewerbungen und vielem mehr. Auch diese sind der Ansicht, dass in Stutensee noch Platz für einige Flüchtlinge ist.
Wenn man diese gute Ausgangslage in Stutensee in Relation zu dem großen Leid in den Flüchtlingslagern wie dem Nachfolgelager des abgebrannten Moria sieht, dann ist es nur schwer verständlich, wieso man nicht das Angebot machen sollte, dass einige der unter elendigen Bedingungen lebenden Menschen nach Stutensee kommen sollten.
In der Diskussion fiel auf, dass gerade die Partei, die im Bund in der Regierungsverantwortung ist und hier eine ganze Reihe von Entscheidungen verantwortet, die dazu beitragen, dass Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen, sich gegen die Erklärung der Stadt Stutensee als sicheren Hafen ausgesprochen hat. Denn in der Vielzahl an Untersuchungen zu Fluchtursachen wird herausgearbeitet, dass die allermeisten der flüchtenden Menschen nicht deshalb ihr gewohnte Umgebung, ihre Familien und ihre Heimat verlassen, weil sie unbedingt nach Europa oder Deutschland kommen wollen, sondern aus purer Not. Gründe sind Waffengewalt von Milizen oder Kriegsparteien, Hunger durch den Zusammenbruch des heimischen Marktes für Landwirtschaftsprodukte, Ernteausfälle und Wasserknappheit durch Trockenheit aber auch die Zerstörung der Wohnungen durch Starkniederschläge und Überschwemmungen. Es ist für mich nur zu gut nachzuvollziehen, dass, wenn in Trockengebieten die Brunnen versiegen, sich die Menschen - bevor sie verdursten - auf die Suche nach Alternativen machen. Auch die durch die Klimaerwärmung vermehrten Starkregen, die Tausende von Häusern zerstören, wie im Februar diesen Jahres in Mozambique, tragen dazu bei, dass Menschen sich eine neue Heimat suchen müssen.
Ein Teil der beschriebenen Umstände wird durch Entscheidungen der aktuellen Bundesregierung zementiert oder sogar verschärft. Beispiele hierfür sind: Die Waffenexporte der Bundesregierung haben 2019 einen neuen Rekordwert erreicht. Die Verabschiedung von Investitionsschutz und Handelsabkommen, in denen festgelegt ist, dass Nicht-OECD-Staaten ihre Märkte öffnen für z.B. Hühnerfleisch, Schweinefleisch oder Milch. Die Produkte, die in Deutschland mit erheblichen Subventionen erzeugt werden, überschwemmen teilweise die heimischen Märkte und zerstören so die Einnahmebasis der heimischen Bauern. Hinzu kommt die Klimaerwärmung mit all ihren negativen Folgen. Auch hier hat die aktuelle Bundesregierung vollkommen unzureichende Beschlüsse gefasst, um die Klimaerwärmung so zu reduzieren, dass die schlimmsten Auswirkungen wie Trockenheiten und Starkniederschläge vermieden werden.
Dass gerade die Partei, die auf Bundesebene für diese Regelungen verantwortlich ist, sich im Gemeinderat gegen den Beitritt der Stadt Stutensee zum Bündnis der Städte sichere Häfen ausgesprochen hat, könnte schon als zynisch bezeichnet werden. Nach langer Diskussion hat sich die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder unserem Antrag in der von der Stadt Stutensee vorgeschlagenen Version angeschlossen und erfreulicherweise für einen Beitritt gestimmt. Die Stadt Stutensee unterstreicht ihr langjähriges, hochqualifiziertes Engagement für Mitmenschlichkeit dadurch, dass sie Teil des nationalen Bündnisses „Städte Sicherer Häfen“ ist.
Zwei von sechs. Ergebnis einer intensiven Diskussion.
Kontrovers wurde auch der Antrag diskutiert, dass sechs Linden, die im Zuge der Realisierung des Bauvorhabens Wohnpark Mittendrin weichen müssen, verpflanzt werden können. Die Verwaltung hat ein Angebot eingeholt, nach dem die 30 bis 40 Jahre alten Bäume verpflanzt werden können. Dies wäre sicherlich aus Klimaschutzgesichtspunkten die beste Möglichkeit gewesen, auch wenn man nicht mit Sicherheit sagen kann, dass alle Bäume an ihrem neuen Standort anwachsen würden. Die Mehrheit im Gemeinderat stimmte letztendlich dafür, dass zwei Bäume verpflanzt werden sollen und für das Geld, das für die Verpflanzung der anderen Bäume hätte ausgegeben werden müssen, in junge Bäume investiert wird. Da die Stadt gesetzlich nicht verpflichtet ist den Verlust der Bäume auszugleichen, ist dies sicherlich eine gute Nachricht. Spannend war an den Abstimmungen zu diesem Punkt neben dem Austausch sehr qualifizierter Argumente und dem erfolgreichen Suchen nach einem Kompromiss, dass sich die Zustimmung zu den unterschiedlichen Vorschlägen quer durch die Fraktionen zog und so ein Abbild der Gewissensfreiheit der Gemeinderatsmitglieder und einer lebendigen Demokratie war.
Mehrzweckhalle Staffort kann eine Solaranlage bekommen
Ein weiterer Punkt war die Vergabe der Planungsleistungen zu Tragwerk, Lüftung, Heizung, Sanitär, Klima und Elektro. Diskussionen ergaben sich vor allem, da die Unterlagen zu diesem Punkt erst am Tag der Gemeinderatssitzung vorgelegt wurden. Hierdurch war eine sachgerechte Beschäftigung mit den Unterlagen im Vorfeld nicht möglich. Wichtig war uns Grünen, dass festgehalten wurde, dass durch den Beschluss zur Auswahl der Gutachter weiterhin die Möglichkeit besteht, dass eine Solaranlage auf der Halle errichtet werden kann, um so aktiv zum Klimaschutz beitragen zu können.
Klimaschonender Holzbau hat in Stutensee eine Perspektive
Die negativen Folgen der Klimaerwärmung werden immer deutlicher und es sollte alles in unserer Macht Stehende getan werden, um die weitere Verschlimmerung der Situation zu verhindern. Eine sehr wirksame Maßnahme ist die Verwendung von Holz als Baumaterial.
Zum einen wird durch den Einsatz von Holz vermieden, dass Beton eingesetzt wird. Die Herstellung von Beton ist mit erheblichen Emissionen an Treibhausgasen verbunden.
Dem gegenüber ist die Herstellung der Gebäudehülle aus dem Rohstoff Holz deutlich weniger energieaufwändig und setzt damit deutlich weniger Treibhausgase frei. Zusätzlich ist in dem Baumaterial Holz CO2 aus der Atmosphäre gebunden. Dieses CO2 wird für die Dauer, die das Holz im Gebäude verbaut ist, der Atmosphäre entzogen – trägt also in diesem Zeitraum nicht zur Klimaerwärmung bei.
Neben diesen klimaschutzbezogenen Aspekten gibt es weitere, die für die Verwendung von Holz als Baustoff sprechen:
1. Durch die Gewinnung von Kalkstein, Ton, Sand, Eisenerz u.a. werden erhebliche Eingriffe in die Landschaft getätigt.
2. In Deutschland und v.a. auch im Schwarzwald herrscht schon unter normalen Bedingungen ein Überschuss an Holz. Viele Waldbauern im Haupt- oder Nebenerwerb bestreiten einen mehr oder weniger großen Anteil ihres Einkommens aus Verkauf von Holz. U.a. durch die Trockenheit der letzten Jahre besteht aktuell ein sehr großes Überangebot an Holz. Der Preis für Holz ist dramatisch eingebrochen. Die Verwendung dieses Überschusses kann zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung beitragen. Wichtig ist, dass nach der Entnahme des Holzes auf eine naturnahe Waldbewirtschaftung umgestellt wird, so dass eine höchstmögliche Verträglichkeit zwischen der Holzrohstoffbereitstellung und dem Erhalt der natürlichen Funktionen des Waldes erfolgt.
3. Holz ist auch ökonomisch ein attraktiver Rohstoff. So ist die Vorfertigung der Gebäudeelemente in Hallen kostengünstig, zeitsparend, qualitätssteigernd u.a., da die Gebäude durch Holzfertigbauweise weitgehend unabhängig von der Witterung erstellt werden können. Auch wird die Staub- und Lärmbelastung während der Bauphase verringert. Darüber hinaus macht der aktuell extreme Holzüberschuss durch den niedrigen Rohstoffpreis die Nutzung von Holz als Baustoff zusätzlich attraktiv.
4. Durch sein geringes Gewicht ist es auch ideal für die Schaffung von zusätzlichem Wohn- oder Büroraum im Bestand durch Aufstockung, ohne mit der Limitierung durch die bestehende Statik in Konflikt zu geraten.
Vielfältige Beispiele zeigen gerade in den letzten Jahren, dass Holz als Baurohstoff problemlos eingesetzt werden kann, ohne dass Abstriche z.B. an der Brandwiderständigkeit, dem Lärmschutz, der Statik oder der Langlebigkeit gemacht werden müssen. Gute Beispiele in dieser Hinsicht sind z.B. die „Westspitze“ in Tübingen und das vielfach ausgezeichnete „Skaio“ in Heilbronn.
In der Sitzung wurde über die folgenden Anträge abgestimmt:
“Die Stadt nutzt bei Gebäuden, die sie errichtet, bei Sanierungen und bei Ausbauten standardmäßig Holz als Baumaterial für den Wand- und Dachaufbau. Wenn sie davon abweicht, dann begründet sie dies und unterrichtet den Gemeinderat vor der Auftragsvergabe von der Abweichung.”
“Wenn die Stadt Grundstücke veräußert, dann legt sie beim Verkauf vertraglich fest, dass die Käuferin nach Möglichkeit Holz für den Wand- und Dachaufbau verwendet.”
Diese beiden Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt, aber, so führte die Verwaltung aus, dass das Bauen mit Holz zukünftig einen noch höheren Stellenwert erfahren wird und dass Beschlüsse zum „Bauen mit Holz“ in städtebaulichen Verträgen und Kaufverträge gefasst werden können.
Mit Mehrheit wurde angenommen, dass die Stadt eine öffentliche Veranstaltung durchführt, um auch in der Bevölkerung die Vorteile des Holzbaus bekannter zu machen. So ist zu hoffen, dass sich zu den vereinzelten Beispielen des Holzbaus in Stutensee wie z.B. die Festhalle in Blankenloch in Zukunft deutlich mehr Gebäude gesellen und so der Bausektor in Stutensee von einer Quelle für klimaschädliche Gase zu einer Senke wird.
Volker Stelzer
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