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27.05.21 –
Energieversorgung in Friedrichstal – Bericht aus dem Gemeinderat
In der Sitzung des Gemeinderats vom 17.05.2021 wurde dieses Thema behandelt und die Entscheidung darüber vertagt. In Friedrichstal plant die evangelische Kirche schon seit langem, die Wärmeversorgung ihrer Gebäude zu erneuern. Dies ist zum einen notwendig, da die die Heizanlage immer wieder ausfällt, und zum zweiten, da sie aktuell noch auf der Verbrennung von Heizöl basiert, was unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung der Schöpfung und der Notwendigkeit, die Klimaerwärmung zu stoppen, nicht mehr weitergeführt werden soll. Nach langen Planungen ist vorgesehen, die Heizanlage auf Holzpellets umzustellen. Die Planungen hierzu sind abgeschlossen.
Kurzfristig wurde ins Spiel gebracht, dass das Oskar-Hornung-Haus, das sich im Eigentum der Stadt befindet, in die Wärmeversorgung integriert werden könnte. Hintergrund ist, dass auch im Oskar-Hornung-Haus die Heizanlage in den nächsten zwei bis drei Jahren ersetzt werden soll.
Auch wenn es sinnvoll ist, sogenannte Nahwärmenetze aufzubauen, war es für uns grüne Gemeinderäte nicht möglich, in der Sitzung eine auf den notwendigen detaillierten Informationen beruhende Entscheidung zu treffen, da vorab keine umfassenden Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden. Wichtige Detail-Angaben zu den Planungen wurden uns erst während der Sitzung präsentiert oder liegen uns bis heute nicht vor. Auch wurden wir vorab nicht über das Vorhaben der Anbindung des Oskar-Hornungs-Hauses an ein Nachwärmenetz informiert, obwohl schon im Februar Gespräche dazu geführt worden sind.
Für uns stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
1. Die Stadt ist im Besitz des Oskar-Hornung-Hauses, das anscheinend in den nächsten Jahren wärmetechnisch optimiert werden muss.
2. Die Stadt hat die Erstellung eines Wärmekonzeptes für das gesamte Stadtgebietes durch die Energieberatung des Landkreises in Auftrag gegeben. In diesem Zusammenhang wird auch die Situation des Oskar-Hornung-Hauses erfasst werden. Dabei wird geprüft werden, was die günstigste und klimaschonenste Lösung für die Wärmeversorgung des Oskar-Hornung-Hauses ist. So wären z.B. der Einsatz von Wärmepumpen möglich. Sich jetzt übereilt ohne eine gesicherte Datenbasis auf eine Lösung festzulegen, die die Stadt auf viele Jahre festlegen würde, können wir nur schwer folgen.
Hinzu kommt, dass in dem vorgesehenen Konzept die Heizzentrale für den gesamten Komplex der kirchlichen Gebäude und des Oskar Hornung-Hauses in das Oskar-Hornung-Hausverlegt wird. Die Anlage müsste also deutlich größer dimensioniert werden, als wenn sich das Oskar-Hornung-Haus selbst versorgt.
Ein weiterer zu beachtender Punkt ist, dass die Bewertung der Nutzung von Holzpellet-Heizungen als klimaschonend sich in den letzten Jahren, vor allem vor dem Hintergrund der durch die Klimaerwärmung stark geschädigten Wälder, in Fachkreisen deutlich verändert hat.
Gründe hierfür sind:
1. Bäume benötigen Jahrzehnte, um ihr Holz aufzubauen. Dieses Holz wird in Minuten verbrannt. Demnach wird auch das in Jahrzehnten langsam der Atmosphäre entzogene CO2 schlagartig freigesetzt und trägt dann zur Klimaerwärmung bei. Die für den gefällten alten Baum nachwachsenden Setzlinge haben in den ersten Jahren lange nicht die CO2-Bindungswirkung des Altbaumes. Auch Verbrennung von Stammholz trägt also zur Klimaerwärmung bei.
2. Ein Großteil unserer Wälder steht durch die zunehmende Hitze und Trockenheit durch die Klimaerwärmung unter großem Stress. Soll verhindert werden, dass dieser Stress zum Absterben der Bäume führt, sollten die anderen Rahmenbedingungen zur Gesunderhaltung der Bäume so günstig wie möglich gehalten werden. Hierzu gehört, dass die Nährstoffversorgung nicht gestört werden sollte. War die Entnahme von Holz in Form von Ästen und umgestürzten Bäumen in einem gesunden Wald zwar nicht gut für den Wald, aber auch nicht sehr schädlich, so hat sich die Situation in den letzten Jahren dramatisch verändert. Zum Wohle der Gesunderhaltung des Waldes sollten so viele Nährstoffe in Form von Holz im Wald verbleiben wie möglich.
3. Holzentnahmen aus Wäldern sollten vor allem auf den Zweck für Hausbau oder Möbelproduktion beschränkt werden.
4. Holz als Reststoff aus Sägemühlen und anderen holzverarbeitenden Betrieben sind nicht im Übermaß vorhanden. Auch diese Reststoffe sollten zuerst stofflich z.B. für Pressspahnplatten genutzt und die Restmengen erst dann verbrannt werden. Da diese Restmengen aber begrenzt sind und es schon viele Pelletheizungen gibt, sollten keine neuen Pelletanlagen errichtet werden.
5. Als letztes ist noch zu beachten, dass Holzfeuerungsanlagen immer – auch die neuesten Anlagen – giftigen Feinstaub freisetzen können und damit zur Verbreitung von Lungenkrankheiten beitragen.
Ein ganz anderer, aber ebenso wichtiger Punkt ist, dass dadurch, dass die Heizanlage und das Pelletlager im Oskar-Hornung-Haus errichtet werden und die Stadt sich verpflichtet, die kirchlichen Gebäude mit Wärme zu versorgen, die Stadt zu einem Energieversorger wird.
Bis zur Entscheidung muss daher geklärt werden:
ob die Anbindung des Oskar-Hornung-Hauses an das Nahwärmenetz sinnvoll ist;
ob Alternativen zu einer Pelletheizung für dieses Nahwärmenetz bestehen und ob sich die evangelische Kirche bei bestehenden Alternativen diesen offen gegenüber zeigt;
ob es Konsequenzen für die Stadt haben wird, wenn sie in das Geschäft eines Energieversorgers einsteigt.
All das zusammengenommen machte es uns unmöglich, in der Gemeinderatssitzung der Vorlage zuzustimmen. Wir hoffen sehr, dass zeitnah die Informationen vorliegen und im Juni dann eine fundierte Entscheidung zur Wärmeversorgung des Oskar-Hornung-Hauses getroffen wird.
Volker Stelzer
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