17 Globale Nachhaltigkeitsziele - SDG`s der Vereinten Nationen

SDG 9: Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.

12.08.20 – von Susanne Suhr und Dr. Volker Stelzer –

Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.

Wie ist der Stand im Jahr 2020 weltweit?

Grob kann man die Länder der Welt in drei Gruppen einteilen.

Die erste Gruppe hat sehr gut ausgebaute Verkehrswege und Kommunikationseinrichtungen und verfügt über eine starke Wirtschaft. In den meisten Fällen besitzen sie wenigstens in einigen Sektoren eine leistungsfähige Industrie und eine hohe Innovationskraft. Zu dieser Gruppe gehören die meisten europäischen Staaten, USA, Kanada, Japan und einige weitere.

In der zweiten Gruppe sind die Staaten, in denen die notwendigen Infrastrukturen in weiten Teilen des Landes nicht oder nur ungenügend vorhanden sind und deren Industrialisierung oft nur die einfache Verarbeitung von Rohstoffen umfasst. Sie sind in der Regel auf Innovationen von außen angewiesen. Zu diesen Ländern gehören die meisten schwarzafrikanischen Staaten, aber auch Bangladesh oder Bolivien.

In der dritten Gruppe sind Staaten, die Charakteristika von beiden Gruppen aufweisen wie z.B. Südafrika, Mexiko oder Malaysia.

Während es bei den Ländern der zweiten und dritten Gruppe wichtig ist, notwendige Infrastrukturen aufzubauen und die Industrie und die Innovationskraft auf eine breitere Basis zu stellen, ist die Aufgabe in den Staaten der ersten Gruppe weniger ein Mehr an Infrastruktur und Industrie. Ihr Augenmerk liegt zum einen darauf, die notwendigen Infrastrukturen zu unterhalten, aber zum anderen auch darauf, sie an die neuen Situationen wie die Digitalisierung, die Klimaerwärmung und die Energiewende anzupassen.

Die Corona Pandemie hat alle Staaten der Welt getroffen, aber vor allem die Staaten der zweiten und dritten Gruppe verfügen in der Regel nicht über die notwendigen Voraussetzungen, die Folgen finanziell zu meistern. Oft müssen geplante Projekte unterbrochen oder abgesagt werden. Je nachdem, wie lange die Pandemie die Wirtschaft beeinträchtigt, werden diese Probleme weiter zunehmen.

Wie ist die Situation in Deutschland?

Deutschland ist bisher – trotz eines Rekordeinbruchs der Wirtschaftsleistung und einer Rekordverschuldung, relativ gut durch die Pandemie gekommen. Erste Wirtschaftsparameter erholen sich sogar schon wieder. Wichtig ist jetzt, dass die riesigen Investitionen nicht mit der Gießkanne ausgegeben werden, sondern in die nachhaltigen Bereiche gegeben werden, denen die Zukunft gehört:

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Albert Einstein, theoretischer Physiker und Physik-Nobelpreisträger

Hier sind richtige Schritte unternommen worden, wie z.B. der Ausbau der nationalen Klimaschutzinitiative, die Unterstützung des ÖPNV und der DB, die stärkere Ausrichtung der KfZ-Steuer an den CO2-Emissionen, die Unterstützung des Kaufs von Elektrofahrzeugen und der Errichtung von E-Ladesäulen. Auch die nationale Wasserstoffstrategie geht in die richtige Richtung.

Dass die Beschränkung für den Zubau der Solarenergie und eine akzeptable Regelung für den Abstand zu Windenergieanlagen gefunden wurde, war der Schlusspunkt eines unsäglichen Schauspiels, währenddessen viele Arbeitsplätze in der zukunftsfähigen erneuerbaren Energiebranche verloren gegangen sind. Allerdings wird eine der teuersten Maßnahmen, die zeitlich befristete Senkung des Mehrwertsteuersatzes, zum einen wenig bringen, da oft die Mehrwertsteuersenkung einfach nicht weiter gegeben wird, wie ich selbst bei einer teuren Anschaffung erlebt habe, und zum anderen auch sehr teure Anschaffungen wie viel Sprit verbrauchende SUVs dadurch billiger werden. Ein weiteres Ärgernis sind die viel zu hohen Zahlungen an die Energieunternehmen für Kraftwerke, die oft schon abgeschrieben sind und z.T. sogar negative Einkünfte erzielen. Die Milliarden, die hier ausgegeben werden, müssen später wieder von der Steuerzahlerin und dem Steuerzahler, also von uns allen, aufgebracht werden.

Und wie sieht es in unserer Nähe aus?

Die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur in Stutensee ist sehr gut. Außerdem gibt es reichlich Gewerbe auf Stutenseer Stadtgebiet.

Allerdings gibt es viele große Aufgaben, denen sich Stutensee in den nächsten Jahren stellen muss: Auf die noch stärker werdende Digitalisierung reagieren, ohne auch mögliche negative Wirkungen zu ignorieren, die Anpassung an die Klimaerwärmung und die Energiewende, den Haushalt ins Gleichgewicht bringen, ohne weitere Bauflächen zur Verfügung zu haben, mit der Alterung der Bevölkerung umgehen u.a.

Da alle diese Entwicklungen unterschiedliche Maßnahmen nach sich ziehen, die sich teilweise widersprechen können, ist es unseres Erachtens sinnvoll einen nachhaltigen Stadtentwicklungsplan, einen STEP aufzustellen, in dem die absehbaren künftigen Probleme aufgearbeitet und lösungsorientiert behandelt werden.

Unter anderem könnte darin geregelt werden, welche Flächen wir in Zukunft in Stutensee wie weiter entwickeln wollen. Gerade die gewerbliche Bebauung und die Wohnbebauung und die dazukommende Infrastruktur fordert immer mehr Flächen von unserer Natur und der Landwirtschaft ein. Pro Tag verlieren wir bundesweit ca. 100 Fußballfelder an Freifläche. Auch Stutensee wächst kontinuierlich: Lachenfeld (Büchig), Wohnen mit der Sonne (Friedrichstal) und 24-Morgen-Äcker (Spöck). Nachhaltig bedeutet, mit den vorhandenen Flächen sorgsam umzugehen. Daher begrüßen wir es sehr, dass nun die Innenentwicklung prioritär vorangetrieben wird. In Stutensee findet man zum Teil noch die ländliche Struktur eines Wohngebäudes an der Straße mit Scheune im hinteren Bereich. Wie in Hagsfeld besteht hier großes Potential für weitere Wohnbebauung.

Jedoch sind ebenso weitere sogenannte Arrondierungsflächen in den Überlegungen. Arrondieren bedeutet in der Stadtplanung, dass Flächen vom Außenbereich noch ganz gut bebaut werden könnten, da sie an die bestehende Bebauung anschließen und sich in die bestehende Bebauung einfügen. Weshalb nicht jedoch die Waldfläche “arrondieren”? Die nachhaltige Stadtentwicklung erfordert neues Denken. Bei über 30 Grad über mehrere Wochen fällt es leichter zu verstehen, wie wichtig unser Wald ist. Weshalb diesen also nicht erweitern?

Am Bodensee wurde z.B. ein Biotopverbund neu geschaffen, so dass die Vögel, Insekten und sonstige Pflanzen und Tiere leichter in andere Biotope gelangen und so eine genetische Vielfalt erhalten bleibt, bzw. wieder hergestellt werden kann. Der Stadtentwicklungsplan kann auch in Stutensee festlegen, an welchen Stellen es Sinn macht, die Natur zu unterstützen und vorhandene Biotope über neue Trittsteinbiotope zu vernetzen. 

Vor allem kann der Stadtentwicklungsplan eine Kommunikation zwischen Verwaltung, Politik, Bürger*innen und Interessenvertreter*innen anregen, so dass am Ende ein von weiten Teilen der Stadt getragener Plan Orientierung und Klarheit für alle Seiten gibt.

Was kann jede und jeder von uns tun?

Dieses Nachhaltigkeitsziel eignet sich kaum für Privatpersonen als Handlungsoption. Jedoch eignet es sich als Bürgerbeteiligung sehr gut. Bei Wahlentscheidung für eine Partei auf kommunaler, Landes- , Bundes- und europäischer Ebene kann jede und jeder darauf achten, ob die zu wählende Partei sich dafür einsetzt, dass die durch die Auswirkungen der Klimaerwärmung gefährdeten Infrastrukturen überall, bei uns, aber auch und verstärkt in den ärmeren Ländern, besser geschützt werden. Die konsequente Umsetzung dieses Nachhaltigkeitsziels hilft auch, Fluchtursachen zu verringern.

Dr. Volker Stelzer und Susanne Suhr

Kategorie

Natur und Umwelt | Wirtschaft | Wohnen

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